Irgendwie kommt es einem manchmal vor, als sei es gestern gewesen. War es auch, gestern vor genau 28 Jahren, als die Weichen gestellt wurden für die gesamte weitere musikalische Sozialisation. Ich hatte mich in den Wochen vor dem ominösen 16.03.1992 schon gewundert, weil die vermeintlich coolen Leute auf der Schule seit einiger Zeit rumliefen, als hätten sie die Altkleidersammlung geplündert und sich auf einmal selbst das erzkonservativste Mittelstandskid lange Haare wachsen ließ. Die Auflösung war einer der wegweisendsten MTV unplugged Auftritte überhaupt, nämlich der von Pearl Jam. Fünf langhaarige Jungspunde, die sich die Seele aus dem Leib spielen, Songs zum Besten geben, die sich in Herz und Hirn einbrennen und die dabei noch eine Botschaft für die Generation X hatten, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, dass sie einmal so betitelt werden sollte.
Ich weiß noch, wie ich gebannt und fassungslos im Fernsehsessel im Wohnzimmer lag und mir klar wurde, dass ich dieses Konzert ganz dringend auf VHS Kassette bräuchte, dass ich sofort jede Platte dieser Band besorgen musste und vor allem, dass ich genau so aussehen wollte wie dieser Sänger Namens Eddie Vedder, der die ganze Zeit irgendwo zwischen Wahnsinn und Genialität unterwegs war. Die Weichen für die ersten subkulturellen Ausbrüche waren also gestellt und zur Verzweiflung der Eltern bestand der Kleiderschrank in den folgenden Jahren auch nur noch aus Bandshirts, Batikhemden, Bundeswehrhosen und DocMartens. Dazu möglichst lange Haare und eine gepflegte Anti-Haltung. Ergebnis: Die Eltern waren irritiert und die Nachbarn grüßten einen fortan nicht mehr. Aber das war alles egal, wenn man in seinem Kinderzimmer sitzen und möglichst laut den Klängen von TEN, dem ersten Album Pearl Jams, lauschen konnte. Beginnt „Once“ zunächst recht verhalten, ist es spätestens nach 0:40 Sekunden um einen geschehen, und zwar so, wie es um einen viele Jahre nicht mehr geschehen sollte. Immer, wenn man meint, es sei der Höhepunkt des Albums erreicht, setzen die fünf Jungs um Eddie Vedder noch einen drauf. Es ist schier unmöglich, einen Song herauszupicken. Zu dicht ist dieses Album, zu gut jeder einzelne Song. Selbst, wenn die Nachfolger VS und VITALOGOY retrospektiv ähnlich gut waren, die Dichte von TEN haben sie nicht erreicht. Ein Album, mit dem auch noch heute jegliche musikalische Sozialisation starten könnte.
Also, für die Älteren, schwelgt in Erinnerungen und für die Jüngeren, schenkt diesem Album ein Ohr und horcht mal bei Papa und Mama nach, wo sie die Klamotten aufbewahren, die sie 1992 auf dem PINKPOP anhatten. Bleibt gesund und entspannt!