Ein Minialbum mit maximaler Wirkung. Schönleben lassen den stark vermissten, deutschsprachigen Post-Core Sound wieder aufleben.
Sie leiden so schön, zu viel Pathos…“… die Hookline aus „Weichenstörung“, dem dritten Song auf Schönlebens Debüt ÜBUNGEN IM POSITIVEN DENKEN, könnte getrost schon mal auf jedes Textilstück gedruckt werden, was diesen Sommer bei den nächsten, notwendigen Demos gegen besorgte Bürger*innen, Chemtrailfans und Attila Superstarkoch getragen wird. Fasst es doch so wunderbar diese eigentümliche Stimmung all der Protestgruppen zusammen, denen es offensichtlich trotz Corona so gut geht, dass gegen eine mehr als eingebildete Bevormundung demonstriert werden muss. Hauptsache selbstmitleidig pathetisch.
Die Band schafft es über die ganz Länge ihres Minidebüts komplizierte Botschaften – ohne allzu plakativ zu sein – in griffige Refrains zu verwandeln, um sie Leuten mit allzu einfachen Lösungen entgegen zu schleudern. Hinter Schönleben verbergen sich fünf Stuttgarter, die bereits auf eine bewegte Zeit im Post-Core und Screamo Umfeld mit Bands wie Mahlstrom oder We had a deal blicken können. Auch auf dem Debüt von Schönleben fröhnen sie einem 2000’er Post-Core Sound, der die Songs zwischen der Melodiösität von Pianos become the Teeth, beim tragende Abschlussstück „Spannungsfeld“, was zum Schluss eine ungeheure Wucht entwickelt, und der Wut von Escapado pendeln lässt. Gerade beim angesprochenen „Weichenstörung“ oder bei „Origami“ kombinieren sie die zwei Pole auf eine wunderbare Art und Weise. Schade ist, dass der Gesang manchmal etwas leise rüberkommt, aber insgesamt passt er zu Produktion, die es schafft nicht zu roh und nicht zu wuchtig zu klingen, sondern einen direkten Indie-Charme zu erhalten.
VÖ: 22.Juli 2020v,Through Love Records, https://www.throughloverec.com/
Tracklist: Intro/ Hochseilakt/ Weichenstörung/ Origami/ Künstliche Beatmung/ Tastsinn/Spannungsfelder
Unsere Wertung:
Ohr d’Oeuvre: Weichenstörung/ Spannungsfelder
Gesamteindruck: 7/10