Das Album fängt echt gut an, denke man sich noch: „Ein neuer Tag öffnet mir meine Augen/ Alles strahlt in goldenem Licht/ Ich bin verwirrt und ich kann es kaum glauben“ sind die ersten Textzeilen , die aus dem Lautsprecher kommen. Doch dann schlägt das Album unerwartet zu. Denn zum nebenbei hören ist „Ein bisschen mehr Herz“ nicht gerade, sondern eher für Abende bei einer Flasche Rotwein sinnierend und an der Welt zweifelnd. Enno Bunger sind nämlich lyrische Romantiker, wie es im Buche steht. Ihr Songs sind musikalisch spärlich arrangiert und das Klavier sehr coldplaynah, häufig ist es nur ein harter Bass im Hintergrund, der die Stimmung zum Beben bringt („Ich kann’s nicht mehr hören“). Die drei Jungs aus Leer machen genau das, was 2009 immer gut lief: traurige Folkmusik mit viel Melancholie. Dabei sind die Texte von Frontmann Enno Bunger aber nicht kitschig platt, vielmehr sind sie gut durchdacht und wie die Intro so schön schrieb: „Sie sprechen endlich mal aus, was so viele nicht denken.“ Aber die Grenze zwischen Kitsch und guter Songs über Liebe ist bekannt schmal: Zeilen wie „Und mit jedem einzelnen Herzschlag / fühl ich mich wie neugeboren / ich hör nur auf das, was mein Herz sagt / und habe alle Angst verloren“ aus dem Opener „Herzschlag“ sind nach meinem Gefühl etwas too much. „Ein bisschen mehr Herz“ ist wirklich richtig für den Winterabend zu zweit und für Fans von musikalischer Sparsamkeit. Vielen wird allerdings das Zuckerwatte-Album doch zu gefühlsduselig sein, vielleicht ist es ja auch wie bei der klebrigen Leckerei: Hat man zu viel auf einmal davon, gibt es Bauchschmerzen.
VÖ: 19.02.2010 PIAS / Rough Trade
Tracklist:
01. Herzschlag 8/10
02. Hier & Jetzt 6/10
03. 8′ Gedackt (völlig überflüssig)
04. Warum muss alles nur so kompliziert sein? 6/10
05. Ich kann’s nicht mehr hören 6/10
06. Weltuntergang 6/10
07. Unfassbar 7/10
08. Pass auf dich auf 6/10
09. Wahre Freundschaft 5/10
10. Ein bisschen mehr Herz 7/10
11. Alles wird gut 6/10
12. Das Lied vom Nachtwind 6/10
Durchschnitt: 6.9/10
Gesamt: 7/10