Ein vorläufiges Zuhause haben die Wahlkalifornier der Local Natives auf ihrer Europatour gestern in Berlin gefunden. Das sehr gemischte Publikum kämpft sich durch den Schnee und findet sich im Bang Bang Club ein. Punkt um 9 Uhr eröffnen The Merlins den Konzertabend. Die aus England stammende Musikkapelle wird angeführt von ihrem mit Zylinder ausgestattetem Frontmann, der aussieht wie ein Bruder von Ron Wood. Sogleich legt die Band los. Auf dem Mikro des Sängers ist so viel Hall, dass man sich augenblicklich in einem riesigen Stadion wähnt. Musikalisch könnte man meinen, hätten sich die vier Briten zu viel Oasis angehört und versuchten nun den Britpop-Sound der 90er zu imitieren. Würde man dabei ein wenig Ironie im Spiel erkennen, wäre das ja noch ganz amüsant, aber tatsächlich meinen sie ihre Show doch ernst. Da muten die Rockgesten und Animationsversuche dann wirklich wie fehl am Platze an. Das Publikum beklatscht trotzdem jeden Song höflich. Einen richtigen Sinn ergeben The Merlins als Vorprogramm der Local Natives jedoch nicht.
Dann betreten die Local Natives die sehr kleine Bühne. Mit Spannung betrachtet das Publikum den Soundcheck und die vielen Instrumente, die die Band um sich auftürmt. Nach einigen Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Soundmann geht die Hintergrundmusik endlich aus und die Local Natives beginnen ihr Set mit dem harmonisch-ruhigem „Cards and Quarters“. Sofort legt sich ein kleines Stück kalifornischer Sonnenschein über den dunklen Bang Bang Club, der den ganzen Abend über erstrahlen soll. Dynamisch geht es dann mit „Airplanes“ weiter. Der zum Teil vierstimmige Harmoniegesang kommt hier vollstens zum Tragen und eine erste wohlige Euphorie macht sich breit im Publikum. Die Mischung aus Harmoniegesang und kraftvoll percussiven Elementen wirkt im Körper wie ein kleines chemisches Experiment. Dieses setzt sich bei „Warning Sign“ und „Wide Eyes“ fort und führt zu ausgelassenem Tanzen und Grinsen. Besonders ein Zuschauer bringt seine Begeisterung durch eine betörende Tanzvorstellung in der ersten Reihe zum Ausdruck. Die Band dankt es ihm sogleich und erkundigt sich sofort nach seinem Namen. Ansonsten sprechen die fünf Kalifornier nicht viel, sondern lassen lieber ihre Musik reden. Die Musikalität der Bandmitglieder und die Raffinesse der Kompositionen sind dabei beeindruckend und entfalten sich live noch zwingender und einnehmender als auf Platte. Als Zuschauer hat man den Wunsch, es möge nie zu Ende gehen. Durch die kleine Bühne des Bang Bang Clubs entsteht dabei auch zwischen der Band eine Intimität, die sich durch die Songs sofort auf das Publikum überträgt. So ist man selig bei „Shape Shifters“ oder „Cubism Dream“, bevor sich die gesamte Energie dann noch mal Bahn brechen kann. Schon bei „Camera Talk“ lässt es einen kaum still stehen. Gesteigert wird dies dann nur noch vom grandiosen, finalen „Sun Hands“. Da steht man dann, Arme in die Luft gestreckt, aus vollster Kehle zusammen mit der Band schreiend, in der Menge: And when i can feel with my sun hands, I’ll promise not to lose her again. Glücklicher kann man nicht sein und schöner kann die Sonne selbst in Kalifornien nicht scheinen. Benommen, dass alles so schnell vorbei ist, verlässt man den Club und weiß, dass man diesen Abend und die Local Natives wohl auch nie wieder verlieren wird.
Setlist:
1. Cards And Quarters
2. Airplanes
3. Warning Sign
4. Wide Eyes
5. Shape Shifters
6. Stranger Things
7. Cubism Dream
8. Sticky Thread
9. Camera Talk
10. Sun Hands
Fotos zum Konzert, Fotografin Roxi K.
no images were found