Der schönste Tag in vieler Leben war ein Freitag. „Am 8.7.2011 erscheint mein neues Album XOXO.“ So, oder so ähnlich lautete der seit Ewigkeiten erwartete Tweet von Casper. Endlich. Und dann steigt die Platte auf Platz eins (EINS!) ein. XOXO ist persönlich, fast schon intim, man glaubt ihm jede Zeile, jedes Wort der 13 Tracks. Aber was genau hat denn der Neu-Berliner Benjamin Griffey da eigentlich produziert? Ist es die so oft gelesene „Rettung des deutschen Hip Hop“? Oder ist es doch der Versuch der Indi-Rockband, den Casper da wagt? Nur halt mit Rap? Schwierig. Ein schmaler Grat zwischen so vielen Stilen, eine Entscheidung mag da nicht gefällt werden. Muss auch gar nicht. Andere Bands versuchen mit viel Input-Wisch-Wasch-Style-Mix ein breites Zielpublikum zu erreichen, XOXO schafft sich seinen eigenen. Begleitet von einer großer Portion Melancholie vermittelt Casper den Hörenden Großes. Thees Uhlmann sagte vor Release: „Das Album wird das Album sein, das in Jahren noch oben mit dabei sein wird.“ Der GHVC-Allesmensch singt im Titellied XOXO den Refrain – eine Kombination die zur Komposition wird. Wirklich. Beeinflusst haben Casper scheinbar viele deutschsprachige Künstler. In „Blut sehen“ zitiert er die Lehrmeister der Hamburger Schule Tocotronic mit „Im Zweifel für den Zweifel“. Einen besonderen Platz nehmen auch Turbostaat ein. In „Michael X“ schafft Casper es, „Immer noch im vierten Stock in weiß, Ich liebe dich, nur das dumme war, Sandra liebte dich auch.“, eine Zeile aus dem legendären Flamingo-Albums zu repräsentieren. Die Studio-Version von „Kontrolle/Schlaf“ war schon vorab zu hören, wird aber auf dem Album dank des eingesprochenen Vorspanns von Arlen Griffey, Caspers Vater, zum Höhepunkt des Albums und klingt einmal mehr nach völlig neuer Hingabe. Müsste man das Album in drei Worten beschreiben, wären diese: Drei reichen nicht. Das würde der Dramaturgie von XOXO nicht gerecht werden. Aber man kann es ja mal versuchen: Leidenschaft, Stilbruch, Ehrlichkeit. Eines beweist Casper in jedem Fall: Some girls boys are bigger than others.
VÖ: 08.07.2011; Four Music / Sony
Tracklist:
01. Der Druck steigt (Die Vergessenen Pt. 1) 9/10
02. Blut sehen (Die Vergessenen Pt. 2) 8/10
03. Auf und davon 8/10
04. XOXO (feat. Thees Uhlmann) 10/10
05. Michael X 10/10
06. Alaska 10/10
07. Das Grizzly Lied 7/10
08. So perfekt (feat. Marteria) 10/10
09. Die letzte Gang der Stadt 8/10
10. 230409 9/10
11. Lilablau 7/10
12. Arlen Griffey (Prelude)/Kontrolle/Schlaf 10/10
Durchschnitt: 9/10
Gesamteindruck: 10/10
Mehr zu Casper
Live-Musik ist besser? Alle coolen Konzerttickets gibt es hier: