… Fortsetzung zum ersten Melt! Artikel
Samstag:
Eigentlich könnte man sich am Samstag fest an die Main Stage ketten, denn da spielen neben den Newcomern Retro Stefson auch Größen wie Patrick Wolf, die Oasis-aber-nicht-ganz-Oasis Formation Beady Eye, The Streets mit ihrem letzten Deutschlandgig überhaupt gefolgt von The Editors, den Melthymnengebern Digitalism und Crystal Castles. Aber wer denkt, dass die Fans an diesem durch die Sonne bestimmten Tag den Platz vor der Bühne blockieren, der irrt. Anders als bei größeren Festivals ist ein Ausharren vor der Bühne ab den Nachmittagsacts bis die Lieblingsband auf der Bühne steht fehl am Platz. Hier herrscht musikalische Vielfalt auf dem Speiseplan der Festivalgänger und so leeren sich die Plätze vor den Bühnen komplett nach jedem Gig und man zieht weiter zur nächsten Bühne. Denn auch auf den Nebenbühnen lässt sich heute eine Menge entdecken. Wir beginnen den Tag erst einmal mit dem an diesem Tag weltbesten Eis von Giovanis Mobiler Eisdiele im Vorbackstagebereich. Hübsche Mädchen mit aufgemalten Schnurbärten reichen uns aus dem Fenster eines alten VW Bullis Eissorten wie „Käsekuchen“ oder „Yoghurt Feige“, wir holen uns einen kleinen Sonnenbrand und schweben auf und davon zur Hauptbühne, wo wir uns von Patrick Wolf verzaubern lassen.
Dieser fordert das Pubikum, bevor er „Bermondsey Street“ anstimmt zur grenzenlosen Liebe und Respekt für einander auf und klettert bei dem darauffolgenden „Together“, das er zusammen mit Alec Empire produziert hat, auf die Zuschauerabsperrung, wo viele Mädchenhände den Stoff seiner babyblauen Anzughose betatschen dürfen. Mit „The City“ beendet er sein Set und die Sonne geht währenddessen genauso schön wie in dem zugehörigen Musik video unter. Die letzten Augenblicke des rot-lilanen Himmels wollen wir uns noch näher anschauen und trauen uns hoch hinaus auf einen der großen Kräne. Außerdem gibt es dort die besten Logeplätze, um sich von oben den Auftritt von Beady Eye anzuschauen. In der Höhe ist die Akustik ausgezeichnet und man könnte meinen, unten stehen Oasis allerdings in etwas gesetzterer und ruhigerer Verfassung. Obwohl das Termometer immer noch stolze 25 Grad aufweist, erspähen wir durch den Sucher unserer TV Kameras, dass Liam Gallagher wiedermal in seinem langen khakifarbenen Parker verhüllt ist. Da wird einem sogar in luftigen 50 meter Höhe noch ganz warm. Wir laufen die gefühlten 1000 Wendeltreppen runter und kühlen uns erstmal bei Planningtorock ab. Die sphärischen Klänge, Janines verzerrte Stimme und der alles einhüllende blaue Nebel jagen einem sofort kalte Schauer über den Rücken. Wir sind fasziniert, stehen mit offenen Mündern da und sind verblüfft vom Saxophon, das gar nicht wie ein Saxophon klingt, von Janines Vocals, die gar nicht weiblich klingen und von den Anblick ihres Gesichts, das gar nicht menschlich aussieht, sondern durch eine klingonenartige Nase und eine riesige Lockenperrücke verfremdet ist. Das ist alles so überirdisch, dass wir danach das Gefühl haben in einer anderen Galaxie zu sein.
Es ist inzwischen dunkel und Ferropolis hat sich in einen anderen Planeten verwandelt. Die beleuchteten Kräne gleichen riesigen UFOS und wir lassen uns zu ahhs und uuuhs hinreißen und landen am Ende beim langen „Wooooooooow“, denn Mike Skinner aka The Streets und seiner Liveband liefert DAS bisherige Highlight! Die Menge schafft es drei Überdimensionale Cirkle Pits zu formen und selbst das kitschige „If You’re Going To Hell“ wird moshend zelebriert. Gespielt wird Altes und Neues immer wieder durch Mike Skinners Konversation mit dem Publikum unterbrochen. Er erflirtet sich eine Damenbegleitung für die Nacht, steigt zwischendurch für ein Menschenbad in die Menge und verwandelt Ferropolis in eine Pop-Rap Orgie. Wir brauchen Entspannung und schlendern immer noch zutiefst beeindruckt von Skinners vorerst letzter The Streets Show in Deutschland rüber zu Gemini Stage auf der gleich Metronomy uns auf The English Riviera entführen werden. Das Markenzeichen der Band, die leuchtende Lampe auf der rechten Brust lässt auch die Sonne in unseren Herzen aufgehen. Spätestens bei „The Look“ kann sich niemand den umwerfenden „look looks“ und „shook shooks“ und „took tooks“ entziehen und das Summen erreicht auch die letzte Reihe. Vor lauter Liebe im Herzen verpassen wir komplett den The Editors Gig und schweben nichts ahnend zum Introzelt hinüber, wo beim direkten Eintreten jegliche Harmoniegedanken innerhalb weniger Sekunden gnadenlos zerstört werden!
Atari Teenage Riot wüten lauter, wummender und agressiver als alles, was man bisher gehört hat. Alec Empire und seine Mitstreiterin Nic Endo und dem neuen MC CX Kidtronik beweisen dass alles immer noch eine Stufe härter geht. Härter als auf dem letzten Gig, härter als auf dem letzten Album. Wer es auch nur 5 Minuten ohne Ohrstöpsel im Intro Zelt aushält, der trägt als Erinnerung an die Show bleibende Gehörschäden davon. Aber wir müssen schnell weiter, denn Digitalism stehen auf der Mainstage bereit. Die beiden sympathischen Hamburger haben mit „Two Hearts“ die diesjährige Melt! Hyme geliefert und zelebrieren mit ihrer Show den Indie, den Elektro und den Pop. Denn so ganz kann man das Duo nicht mehr irgendeiner Musikrichtung zuordnen. Ist aber auch egal! Wer braucht schon Kategorien für Musik? Es ist inzwischen nach 2 Uhr, alle bestens gelaunt, die Temperaturen immer noch T-Shirt tauglich und Jens Moelle und İsmail Tüfekçi liefern den perfekten ins Zelt tanz Soundtrack. So dass wir es heute leider leider nicht mehr schaffen bis zum Totally Enormous Extinct Dinosaurs zu verweilen. Ja ja, das Alter, die letzte Nacht… die nächste Nacht… allem müssen wir heute Tribut zollen… Bis morgen! Gute Nacht!
Fotos von den Konzerten; Fotograf: Kay Siegert (Alle Acts bis auf Beady Eye)
Patrick Wolf
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Beady Eye (Fotograf Geert Schäfer)
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Planningtorock
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The Streets
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Metronomy
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Atari Teenage Riot
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