Fortsetzung von Tag 1
Tag 2: Die Sonne meldet sich zurück
Das abwechselnd schwächer oder stärker werdende Regenprasseln auf unseren Zelten lässt uns Samstag früh im Halbschlaf wieder nichts Gutes für den Tag erwarten. Als uns jedoch die pralle Mittagssonne zum Aufstehen begrüßt, sind wir hellauf begeistert. Der Schlamm unter unseren Füßen ist zwar noch sumpfiger als zuvor, aber mit der Sonne im Rücken und den vielen tollen Bands, die uns heute erwarten, wird uns nichts die Laune verderben. Los geht´s mit der sympathischen Truppe aus Viersen, die diesen Sommer gefühlt auf jedem deutschen Festival spielen. Das vereinzelt unter den Zuschauern hörende Summen von „Fireworks“ ist nach dem Auftritt von Beat!Beat!Beat! zu lautem Gesang angeschwollen. Mit ihrem weiteren Hit „You’re Designer“ schließen sie nach knapp fünfzig Minuten einen durch die Sonne verwöhnten Auftritt ab.
Die Stimmung unter den Zuschauern am GROßSCHOT ist ausgezeichnet, die Freude auf die nächste Band groß. Kommt nun doch die Dockville-Kultband Kakkmaddafakka, die bereits letztes Jahr mit ihrem skurril-lustigen Auftritt die Menge verzückte. Auch dieses Jahr werden wir nicht enttäuscht. Abgedrehte Outfits und ebenso abgedrehte Bandmitglieder vermitteln mit ihrem undefinierbaren Misch aus Rock, Rap, Funk wie Jazz einfach gute Laune. Die eingängigen Tanzmoves der Backgroundsänger werden brav befolgt, und als einer der Beiden auch noch Beyonces Hit „Halo“ anstimmt, bleibt keiner mehr ruhig. Noch fasziniert vom Auftritt der Norweger geht’s Schlag auf Schlag weiter mit dem Hiphop-Durchstarter Casper, der mit seinem Album XOXO die deutsche Chartspitze erklomm. Seine gesellschaftskritischen, emotionalen Raps und vor allem seine sehr prägnante, raue Stimme spalten die Gemüter. Dennoch, der breite Anhang vor der Mainstage ist begeistert, Songs wie „Der Druck Steigt“ und „Unzerbrechlich“ werden mit großer Hingabe und Herzblut performt.
Nach den Beifallsstürmen bleibt uns eine kurze Verschnaufpause um zu den leidigen Festivalentscheidungen überzugehen. Wollen wir lieber das kanadische Electro Duo Crystal Castles auf dem GROßSCHOT, Lokalmatadoren Die Goldenen Zitronen auf dem VORSCHOT, oder doch die aufstrebende Electro-Popper Fenech-Soler im MASCHINENRAUM sehen? Wir entscheiden uns für letzteres und bereuen es zu keiner Zeit. Im stickig-warmen und gestern sogar noch gefluteten MASCHINENRAUM legen die Briten eine Live-Performance hin, die ihresgleichen sucht. Die sofort ins Ohr gehenden Songs „Lies“, „Demons“ oder „Stop and Stare“ bringen uns erste Schweißperlen auf die Stirn, die Menge tanzt und singt lautstark mit. Als einziger Wermutstropfen bleibt, dass nach gerade mal vierzig Minuten schon Schluss ist. Während wir gedanklich noch dem Auftritt von Fenech-Soler nachhängen, werden wir schnell aus unseren Tagträumereien geweckt, als die wummigen Bässe der Audiolith-Vertreter Supershirt erklingen. Mit fetzigen Gitarrenriffs, eindeutigen Parolen und sehr sehr viel Bass bringen die drei Jungs die Stimmung endgültig zum Überkochen. Nach zwei Songs fragt sich dann schon bereits, was ein Kaffee, ein Filet oder auch ein Freibier kostet. Die 8000-Mark-Rufe als Antwort sind ohrenbetäubend.
Aufgedreht, leicht ohrgeschädigt, aber glücklich verlassen wir das Zelt um kurz darauf wieder stehen zu bleiben. Beeindruckt begutachten wir die Lasershow, die auf die monumentalen Hafenanlagen projiziert wird. Geschmeidig tanzende Menschen, knallbunte Farben oder ganz simpel der Schriftzug „MS Dockville“: Alles sieht wunderbar schön aus. Damit wir aber noch einen Blick auf die von Seitens des Dockvilles hochgelobte Santigold zu werfen, müssen wir wieder schnell zum GROßSCHOT aufbrechen. Die Künstlerin, die sich das ehrgeizige Ziel gesteckt hat, ihre eigene Musikrichtung zu kreieren ist mit ihrem Auftritt bereits im vollen Gange. Ihr Mix aus Electro, Pop und Hiphop kommt gut bei den Zuschauern an, nicht zuletzt durch die elegant tanzenden Backgroundsängerinnen und der starken Stimme der zierlichen Amerikanerin selbst. Leicht einsetzender Regen lässt noch einmal gen Ende ein kleines Regenschirmmeer entstehen, doch dadurch lassen wir uns nicht mehr beirren und setzen wir unseren Weg zur letzten Band heut Nacht fort. Dieser führt uns zu einer weiteren, jedoch kleineren Bühne, das SPINNAKER. Dort finden wir zu unserem Erstaunen ein randvolles Zelt vor, die drei Mann Band I Heart Sharks aus Berlin mustert sich zum wahren Publikumsmagneten. Kein Wunder, denn der treibende Electropop Sound lässt keinen kalt und so geht es bis in die frühen Morgenstunden ziemlich schweißtreibend daher. Alle Tanzwütigen die noch nicht genug haben, können bis zum ersten Sonnenlicht bei DJ Phono ihr letztes Hemd geben.