Der zweite Tag startet mit viel Wirbel darum, welches die beste Möglichkeit ist, sich aus dem feuchten Ackerland zu befreien. Nun gut, das ist ein Festivalalltag, wie er im Buche steht. Allem Matsch zum Trotz, der Abend verspricht groß zu werden. Das Line-Up hält einige große Momente im Voraus parat. Da sind zum einen Balthazar, The Hundred In The Hands, Clock Opera und Crystal Fighters, um schon mal die Highlights kurz vorwegzunehmen. Es bedarf nun allerdings einer ausführlichen Schilderung.
Den Anfang machen Vierkanttretlager aus dem wunderschönen Städtchen Husum. Die Vierfachverkanteten sind derzeit auf vielen Festivalbühnen anzutreffen und frohlocken mit ihren großen Oden über die Heimatliebe und Jugend – Ein freudig stimmender Festivalauftakt. Ab dann ist es an der Zeit auf die nächsten Interpreten des Abends zu warten. Die junge Sóley aus Island ist der Act des letzten Jahres, wenn es darum geht mit sanften Tönen in Wort und Ton eine überzeugende Darbietung abzuliefern. „Einfach nur schön.“ ist eine Aussage, die voll auf Ihren lieblichen Sound und Ihre Audienz auf der Bühne zutrifft. Sie fügt sich geradezu perfekt in der märchenhaften Lichtung auf der Waldbühne ein.
Perfekt läuft es auch für die Vertreter der belgischen Freundschaft an diesem Abend. Die Rede ist von Balthazar. Ihnen gebührt hier der Rang als Vorabend-Act auf der Hauptbühne, denn diese gelten schon lange nicht mehr nur als Newcomer. Die Benelux-Länder lieben Ihren Indie-Rock Sound bereits. Allerdings ist ihr großer Ruhm leider noch nicht so ausgereift, wie sie es verdienen würden. Die wenigen Auftritte hierzulande fordern ihren Tribut. Mit Ihrem gelungenen Auftritt in Diepholz, sind sie ihrem Ziel nach mehr Aufmerksamkeit schon mal ein deutliches Stück näher gekommen. Sizarr, eine ehemalige Schulband, ist diesem Status längst entflohen. Als der Act schlecht hin, von vielen Musikmagazinen gefeiert und geliebt, sind diese auf vielen großen Festivals, wie dem Melt, und nun auf dem Appletree Garden anzutreffen. Man staunt nicht schlecht über deren sehr jugendliche Erscheinung. Auf dem ersten Blick wirken die drei Jungs aus der Kleinstadt Landau noch immer wie eine Schulband im Hiphop- Outfit. Allerdings nur solange bis sie eine Kostprobe von Ihrem Talent zeigen. Düster-elektronischer Post-Punk-Sound ertönt. Den Hype um Sie und Ihrer Musik können diese, auf der kleinen Waldbühne nicht ganz aufrechterhalten und gehen dort leider ein wenig unter.
Das gleiche Schicksal teilen auch The Hundred In The Hands, die im direkten Anschluss, zwar weitaus mehr Besucher in Empfang nehmen, allerdings mit einigen Tücken zu kämpfen haben. Und hier ist genau der Knackpunkt, der bereits angesprochen worden ist. Die Organisation und die damit verbundene Technik während des Festivals sind sehr entscheidend für einen Auftritt. Leider hat der Sound so gar nicht bei ihnen gepasst. Natürlich ist die Stimme von Eleanore Everdell ohnehin schon sehr zart besaitet, keine Frage. Nur leider hat man die Textgrundlage nur erahnen können, da man kaum etwas verstehen konnte. Dennoch zieht sie ihre Sache äußerst professionell durch. Bei der Anzahl an Festivals, die das Duo dieses Jahr durchläuft, steht Professionalität auf der Tagesordnung. Deshalb wundert es auch nicht, dass diese einen bunten Mix an Songs ihrer bisherigen Alben spielen. „Come With Me“ als einer der Top-Titel von THITH sorgt für besonders viel Stimmung in der Runde. Und just in dem Moment, wo die Stimmung am Zenit steht, verschwinden beide rasch die Bühne, obwohl Jubelzurufe und andauernder Applaus folgt, der zeigt, dass viele noch nicht genug von ihnen haben. Nur wie sollte es auch anders sein, bei einem nur halbstündig getakteten Auftritt. Eine Uhr läuft am Bühnenrand ständig mit und gibt die Zeitvorgabe an. Klar muss der Ablaufplan strikt eingehalten werden, sodass Verzögerungen gar nicht aufkommen. Nur 30 Minuten für THITH sind für einen so großen Act eher enttäuschend.
Um nun darauf zurückzukommen, wo man stehen geblieben ist: Stimmung ist genau das Stichwort des fortlaufenden Abends. Clock Opera zeigen, dass Ihnen Ihre Musik mehr als Freude bereitet. Es ist ein pures Vergnügen ihnen dabei zuzusehen. Nicht nur optisch passen diese allesamt ideal ins Gesamtbild. Auch ihre Musik fügt sich ideal in das Apfelbaum- Potpourri ein. Mit vielen Danksagungen an das Publikum haben diese zuletzt einen sehr runden Auftritt hingelegt. Apparat samt Band folgt. Alles was man über den Berliner Sascha Ring aufschnappt, ist mehr als positiv. Der Vollprofi beweist an jenem Abend das, was über ihn geschrieben steht. Er ist talentiert und vielseitig und seine fließenden elektronischen Tracks treiben alle Anwesenden auf den obligatorischen Dancefloor zum Mitwippen und zu mehr an.
Par excellance des Abends ist dann der letzte Act des Abends. Crystal Fighters sind diejenigen, auf die alle gewartet haben. Wer ihr Album kennt, der weiß was ihn erwarten wird. Sie machen Fast Dance Music, so heißt es, mit traditionellen baskischen Instrumenten. Der gesamte Apfelhain hat sich vor der Hauptbühne angesammelt, um für eine Stunde zum letzten Mal ordentlich abzugehen. Es gibt kein Halt mehr. Spätestens nach „ I Love London“ sind alle Dämme gebrochen und gefühlte 3500 Leute tanzen, als gäbe es kein Morgen mehr. Der letzte Song ist gespielt, die Stimmung kocht und nach Ablauf der Spielzeit ist auch diese Band von der Bühne verschwunden. Minutenlange Proteste werden anfangs noch ignoriert, bis alle Backstage- Rumtreiber samt dem Crytal Fighters Ensemble erneut die Bühne stürmen. „Plage“ sorgt für einen riesigen Freudentaumel aller Anwesenden. Der letzte Song ist gespielt.
Ein Festivalwochenende vergeht wie im Flug. Ob in den Baumkronen der Feenstaub und das Glitzern auch verfliegt und im nächsten Jahr all das märchenhafte erneut vorhanden ist, wird sich spätestens im Juli 2013 zeigen. Bis dahin heißt es erst einmal abwarten und den restlichen Sommer mit viel Freude zu genießen.
Einige Impressionen vom Festival, Tag 2:
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Fotograf:
Norbert Valluš