Zurück in die Neunziger, genauer ins Jahr 1996, als ein Bier noch Zweimarkfünfzig kostete, ein Gemüse Kanzler war, es Menschen im Land gab, die was gegen Zuwanderer hatten (Leider hat sich daran nichts gerändert), Clinton 42. Präsident der USA wurde (Hätte hätte …) und ein Schaf namens Dolly als erstes geklontes Säugetier das Licht der Welt erblickte. Neben diesen Fakten gab es im Frühsommer ´96 ein weiteres wichtiges Highlight – nämlich die Veröffentlichung von „1977“ dem 2. Studioalbum der Brit-Pop-Band ASH. Ein Meilenstein des Genres und vom NME schon früh mit dem Prädikat 500 Greatest Albums Of All Time ausgezeichnet.
Jetzt aber ab in die Gegenwart: Dezember 2016. Kurz zur Vorband: Das Gros im ziemlich vollen LUXOR bewertete den Auftritt der Krefelder Minor Cabinet recht wohlwollend, hier und heute war man aber gekommen, um die drei Nordiren zu sehen und die betraten gegen 21 Uhr die Bühne. Und wie erhofft startete der Abend fulminant und zumindest, was die Setlist für die ersten 12 Songs betraf, nicht überraschend mit „Lose Control“. Das Motto des Abends war schonmal gefunden! Die drei Jungs hatten Spass, dass sah, hörte und spürte man von Anfang an. Und das recht altersgemischte Publikum ebenfalls. Auch das hörte und spürte man sofort. Textsicher wurde von Beginn an mitgesungen.
Mark Hamilton ackerte sich am tief hängenden Bass, dem zur Verfügung stehenden Platz auf der Bühne und der 90iger Matte im Gesicht ab. Wheeler hielt dagegen, wenn er nicht gerade singend ans Mikro gebunden war, während Rick McMurray im hinteren Teil der Bühne am Schlagzeug das Fundament anrührte. Mit „Goldfinger“ wuchs dann die Spannung auf den ersten Hit des Abends. Und Tim Wheeler scheint nach 20 Jahren immer noch sehnsüchtig am Fenster zu sitzen und auf ein Wiedersehen mit seinem „Girl from Mars“ zu warten. Wie war noch mal das Motto des Abends?
„I´d give You Anythin“ und das verträumte „Gone the Dream“ füllten die Lücke bis zum nächsten Klassiker. „Kung Fu“ – und spätestens jetzt kochte das LUXOR tanzend und in bester Advents-Singer-Manier über. Gut, dass es vom Klomann zuckerhaltige Stärkung gab, der ein oder andere hätte es sonst nicht mehr bis „Oh Yeah“ geschafft.
„Oh yeah“ und da war er wieder dieser Güterwaggon voller Bilder und Erinnerungen an den Sommer vor 20 Jahren, Dolly mal ausgelassen. Sommer im LUXOR und das Anfang Dezember. „Let it flow“ into an „Innocent Smile“. Druckvoll und bis auf die Frisuren wenig gealtert lief ASH mit „Angel Interceptor“ auf die Zielgerade des Jubiläumsteils ein. „Lost in you“ mit seinem schier endlos scheinendem You are always on my mind forderte das mittlerweile warmgesungene, teils schon heisere Publikum nochmals heraus. „Darkside Lightside“ beendete dann den ersten Teil und Wheeler bedankte sich brav beim vollen LUXOR fürs zahlreiche Erscheinen „… instead of watching Taetorrt…“.
Wie es sich für junggebliebene Rocker gehört gab es auch nach knapp 60 Minuten keine Atempause. Es ging weiter mit einem bunten Strauss aus dem Œuvre der Band. Im Ohr blieben definitiv „Petrol“, „Orpheus“ und die beiden letzten Nummern „Shinning Light“ und „Burn Baby Burn“. Damit ging es für die Band nach etwas mehr als anderthalb Stunden Vollgas in den wohlverdienten Feierabend und die Zuschauerschar musste sich, nach dieser Zeitreise erstmal wieder in 2016 einfinden. Wer es bisher nicht wieder zurück in die richtige Zeit geschafft haben sollte, auch kein Problem, bis auf Mobiltelefone ist vieles wie damals und ASH noch immer eine Herzensangelegenheit. Und bitte, bitte nicht erst in 20 Jahren wieder.