Sam Fender ist der Mann, okay, Sam Fender ist der Junge der Stunde. Das wird an diesem Abend mehr als deutlich.
Mit seinem famosen, komplett selbstgeschriebenen und selbstarrangierten Debütalbum „Hypersonic Missiles“, spielt er in der restlos ausverkauften Live Music Hall (die nächste Show findet im Palladium! statt – unsere Prognose: wird auch ausverkauft sein) ein kurzweiliges Set – ohne irgendwelche Längen oder Füller. Das ist auch schon ziemlich gut. Aber es gibt auch einige Probleme.
Dass Sam Fender den Saxophonisten, aus der Band seines zehn Jahre älteren Bruders Liam mit an Bord hat, scheint ihn nicht nur ein wenig mit Stolz zu erfüllen. Dessen Band scheint laut Fender wie OASIS mit Saxophon zu klingen. Der Erwähnung der Band, triggert Teile des Publikums immens. Doch Fender wehrt den Wunsch nach einem OASIS-Song (vorerst) erfolgreich ab. Stattdessen gibt es relativ früh mit „The Borders“ einen der besten Songs des Popjahres 2019 zu bewundern. Und theoretisch könnte man kurz, zum Saxophonpart des Songs, meinen, dass Clarence Clemons der Leibhaftige, vor den Fans der Live Music Hall erscheinen würde. Aber da fehlt dem ausgeborgten Saxophonisten noch ziemlich viel Feuer und Leidenschaft in seinem routinierten Spiel.
Immerhin ist der Mix der Band schon fast genauso beschissen, wie die der Stadionkonzerte des ungenannten aber allgegenwärtigen Bruce Springsteens.
Das größte Manko betrifft das Rhythmusgerüst. Die Band spielt anständig aber ziemlich blutleer. Das kann man der jungen Truppe sicher nicht vorwerfen. Das kommt garantiert (wenn man in der Konstellation zusammenbleibt) mit laufender Spielpraxis. Aber man hätte man sich zu mehr Dynamik, zum möglichen Preis von weniger hoher Lautstärke entscheiden, oder direkt eine leistungsstärkere PA installieren sollen. Die Bassgitarre bleibt den ganzen Abend über eine nicht wirklich vorhandene Behauptung. Das exakt gleiche Problem, gab es einige Tage zuvor bei METRONOMY im Carlswerk Victoria. In den ersten Reihen wird dann trotzdem derbe abgefeiert. Aber das Hallendach fliegt so leider nicht weg. Vielleicht versuchen einige Tontechniker aber auch nur, den hochkomprimierten Klang der berüchtigten „Loudness War“ Produktionen, dieser Musik, die für den Radioeinsatz „laut produziert“ wird, in die Konzertsituation zu übertragen. Sie sollten dies jedenfalls nicht tun. Die großen Rockbands unserer Zeit, wie THE WAR ON DRUGS, an die Fenders „You‘re Not The Only One“ sogar ein wenig erinnern lässt, spielen live jedenfalls pro dynamisches Klangbild und gegen „Loudness War“.
Nach dem achten Song, dem gleichnamigen Album-Titeltrack „Hypersonic Missiles“, läutet Fender sehr bodenständig und humorvoll den Zugabenteil ein. Überhaupt diese Bodenständigkeit – man hat manchmal das Gefühl, dass Sam Fender sein Erfolg nicht so ganz geheuer oder fast unangenehm ist. Es ist auch okay mal einen Song von anderen zu covern. Macht Fender ja auch regelmäßig. Voll in Ordnung. OASIS waren an dem Abend jedenfalls mehr als allgegenwärtig. Sogar der letzte Song kam von ihnen.
Da sollte ein guter Manager ganz klar helfen und ein “Scheiß auf die Wünsche der Zuschauer, Sam!“ diktieren. Springsteen hat während seiner Konzerte, in den mittleren 1970er Jahren, auch nicht wie ein Besessener von Bob Dylan schwadroniert.
Zum Konzert ins Palladium (im Februar) gehen wir auf jeden Fall wieder. Wir wollen ja die Zukunft des Rock’n’Roll nicht aus den Augen verlieren. Tickets gibt es hier.
https://prime-entertainment.de/index.php?id=34&eventid=6141
„All is on my side“ – Track 3 der Setlist gibt es leider nicht auf Spotify