Chris Corner weiß genau wie er das Publikum auf seine Seite zieht. Dem schlaksigen Frontmann von IAMX genügen Gesten, da braucht es keine großen Worte, denn die Verständigung klappt auch so bestens. Ein paar Schritte Richtung Bühnenrand, eine Hand am Ohr, die sagt, dass er gerne mehr Unterstützung hätte. Und die bekommt er auch. Seine Fans, vornehmlich in schwarz gekleidet, zeigen ihre Begeisterung an diesem Donnerstagabend in Berlin jedenfalls von Beginn an. Es ist schon erstaunlich, wie viel Bühnenpräsenz der kleine Mann aus England ausstrahlt und wie wirkungsvoll seine Gesten sind.
Den musikalischen Anfang macht an diesen Abend seine augenzwinkernde Kritik an die Musikindustrie und ihren Marionetten „Music People“, aus dem aktuellen Album VOLATAILE TIMES, die auch live am Ende in übersteuerten Lärm übergeht. Überhaupt steht der Abend ganz im Zeichen seiner letzten LP, die sich live doch als weitaus tanzbarer als gedacht erweist. IAMX zeigen sich als perfekt aufeinander abgestimmte Band, die es immer wieder schafft, die Songs vor allem mit ordentlich Bass, Synthesizern und Drums live noch um einiges frischer erklingen zu lassen, auch wenn die Akustik im Astra an einigen Stellen zu wünschen übrig lässt.
Als erstes kleines Highlight erweist sich „Ghosts Of Utopia“. Gerade das repetitive „This Is Psychosis“ entfaltet unterlegt vom flackernden Licht eine fast hypnotische Wirkung. Emotionaler Höhepunkt der neuen Songs ist dann schließlich das ruhige „I Salute You Christopher“, das Chris Corner dem an Krebs erkrankten Autor Christopher Hitchens widmet.
Aber es finden natürlich auch ältere Songs den Weg in die Setlist. Ob „Think Of England“, das großartige „Kiss And Swallow“ oder „Nightlife“, diese Songs dürfen eben bei keiner IAMX Show fehlen. Das Ende des regulären Sets wird mit „President“ im 3/4 Takt bestritten. „I will be President“ singt Chris Corner und zieht passenderweise eine Krone auf, die er kurz zuvor aus dem Publikum bekommen hat. Für sein Publikum ist er schon längst „President“. Mindestens.
Die Zugabe lässt nicht lange auf sich warten und beginnt mit dem vielleicht stärksten Song auf VOLATAIRE TIMES: „Bernadette“. Dieser wird heute zur allgemeinen Begeisterung auf Deutsch vorgetragen und schließt mit seinen fast schon jahrmarktartigen Klängen wunderbar an „President“ an. Nach fünf Zugaben und „Spit It Out“ am Ende, bei dem er sich mit seiner Bandkollegin Janine Gezang ein kleines Battle an den Synthesizern liefert, ist dann aber auch Schluss für diesen Abend. Wie singt Herr Corner so schön in „Fires And Whispers“: „I promise to be your rockstar/ But then rockstars don’t mean anything anymore.“ Lassen wir den zweiten Teil dieser Aussage einfach mal weg, denn Chris Corner war ein Rockstar heute Abend, da hat er uns nicht zu viel versprochen.
Setlist:
Music People
Volatile Times
Nightlife
Ghosts of Utopia
My Secret Friend
Tear Garden
I Salute You Christopher
Fire & Whispers
Think of England
Bring Me Back a Dog
Nature of Inviting
Cold Red Light
Kiss and Swallow
President
Zugabe:
Bernadette (auf deutsch)
The Alternative
Skin Vision
Commanded by Voices
Spit It Out
Bilder zum Konzert; Fotografin Roxi K.
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