Fortsetzung zum ersten und zweiten Melt! Artikel.
Sonntag:
War es gestern noch schön sonnig und warm, so meint es heut der Wettergott schlecht mit uns. Glücklich sind die, die an Gummistiefel und Regencape gedacht haben. Wir haben beides vergessen und verziehen uns erstmal in das INTRO ZELT, wo wir eine neue Endeckung machen: Errors! Diese vier Jungs aus Schottland feiern auf der Bühne feinsten Elektrorock ab. Titel wie „A Rumor in Afrika“ oder „Pump“ lassen das Wetter draußen vergessen und zum gesanglosen Treiben der Schotten mitwippen. Ansonsten steht der Sonntag traditionell eher im Zeichen der Gitarrenbands wie z. B. den Cold War Kids, die trotz kalten Regen eine beachtliche Menge Zuschauer vor der MAINSTAGE anlocken.
Und während das Wasser kübelweise von oben auf die bunten Regencapes plätschert, bekommt das Lied „Hang Me Up To Dry“ gleich eine ganz andere Bedeutung. Derweil haben es Bag Raiders auf der GEMINI Stage natürlich leichter, Publikum anzlocken. Der überdachte Platz vor der Bühne ist gut gefüllt und die Band beweist, dass sie mehr kann als das aus der Werbung bekannte Way Back Home. Auf der Hauptbühne wüten inzwischen Frittenbude, die für Plan B eingesprungen sind. Uns ist das alles aber nun entschieden zu nass und wir verziehen uns in die INTROKNEIPE wo Lesungen gelesen, Filme gezeigt werden und wo es vor allem trocken ist und es trotzdem Bier gibt. Im Pressebereich gibt es sogar einen großen Flachbildschirm auf dem wir das Treiben auf der Hauptbühne mitverfolgen können und uns die White Lies geben können.
Aber dann fällt das Bild aus, wahrscheinlich ist da irgendein Verbindungsstecker zu nass geworden und wir schleppen uns wieder raus, um die Zeit bis zum eigentlichen Höhepunkt des gesamten Melt! Festivals zu überbrücken. Denn in nur einer Stunde wird der einzig wahre König des Brit-Pops Jarvis Cocker mit seinen wiedervereinigten Pulp auf der MAINSTAGE stehen! Bis dahin bleiben wir aber weiterhin im Trockenen, denn auf der GEMINI STAGE bespaßen Bodi Bill mit überdimensionalen Knochen zum Festhalten, Masken zum aufsetzen und Fell- und Federkostümen zum tragen. Auf der Bühne wird getanzt und gekrabbelt, die Zuschauer hüpfen mit, wir auch und spätestens bei Brand New Carpet ist der Regengott besänftigt. Der Bodi Bill Gut-Wetter-Tanz wirkt, sodass wir, als wir anschließend in einer riesigen Pfütze in der zweiten Reihe vor Jarvis Cocker und Pulp stehen, weder Jacke noch Schirm brauchen. Aber ist es tatsächlich der Regen der aufgehört hat, oder ist es die hypnotische Präsenz des wie immer adrett gekleideten Hornbrillenträgers, die das Wetter komplett zweitrangig erscheinen lassen? Mr. Cocker turnt auf den Boxen, verschenkt den Inhalt seiner Jackentasche (Kaugummis und Schokoriegel) an das Publikum, kreist die Hüften und genießt sichtlich jede Sekunde auf der Bühne. Aber auch das Publikum ist erstaunlich textsicher und übereuphorisch. „Disco 2000“ wird gefeiert, als wäre es ein Disco 2011 Hit.
Neben uns erlauschen wir ein Fachsimpeleigespräch „Ich habe vor zwei Jahren Oasis hier beim Melt! Gesehen und gestern Beady Eye. Die sind ein Dreck gegen das hier!“ Wir nicken anerkennend und schauen wieder in Richtung Jarvis Cocker, der bei „I Spy“ mit einer am langen Stock befestigten Minikamera in Richtung Publikum fuchtelt. Die Bilder werden unmittelbar auf die große Leinwand hinter die Band projiziert. Ein großes Highlight ist das athmosphärisch beginnende „Sunrise“, das sich in ein großartiges psychedelisches Kuddelmuddel verwandelt. Das ist so ein Wahnsinnstrip, dass man tatsächlich meint, die Sonne aufgehen zu sehen, bis man beim Rausschmeißer „Common People“ erkennt, dass es doch nur eine der vielen Discokugeln war, die an den beleuchteten Kränen baumeln. Egal, denn die Euphorie geht weiter. Alle wollen jetzt auch mit common people schlafen und tun das lauthals mit den breitesten Grinsen im Gesicht kund.
Aber auch Pulp verschwinden irgendwann von der Bühne und die Erkenntnis, dass man in der großen Pfütze seine Lederschuhe ruiniert hat und seine Füße gleich mit kommt schnell. Die Meltzückung überwiegt jedoch, sodass wir uns beim Feierabendbier immer wieder zum lauten Schluchzer hinreissen lassen: Ach Melt! Du warst so schön, Wir wolln’ noch nicht gehn’! Wir wolln’ noch n’ bisschen tanzen!
Also bleiben wir noch! Schließlich legt ab 3:00 Uhr Nachts noch Ellen Allien auf dem SLEEPLESS FLOOR auf.
Fotogalerien der einzelnen Konzerte; Fotograf Kay Siegert
Errors
no images were found
Cold War Kids
no images were found
White Lies
no images were found
Bodi Bill
no images were found
Pulp
no images were found