Die neue Platte Die völlige Abwesenheit von Punk des Kölner Multiinstrumentalisten Roman Biewer aka Disso!ver überzeugt einmal mehr durch eine ungeheure Detailtiefe und durch den Einzug einer neuen, poppigen Note. Diese gibt dem wavigen Post-Punk Sound eine ungewohnte Leichtigkeit. Auch das Gitarrensoli feiert ein großes Comeback.
Auftritte von Disso!ver alias Roman Biewer lassen den Zuschauenden mit einem schlechten Gewissen zurück. Beschränkt sich die eigene Multitasking – Fähigkeit darauf, das Ein- und Ausatmen zeitgleich mit dem schlafen zu koppeln, schafft es der Multiinstrumentalist bei Auftritten ganz alleine Soundlandschaften zu erschaffen, für die anderen Bands mindestens acht Mitglieder brauchen. Diverse Synths und Keyboards, werden zeitgleich zur Gitarre und zum Bass bedient, während im Hintergrund der Laptop Beats und noch mehr Sphären produziert. Er folgt dabei einem ausgefeilten Sound zwischen New Wave, Shoegaze und Krautrock. Auf dem neuen Album Die völlige Abwesenheit von Punk wird dies – zumindest zu Beginn – mit einer großen Note Pop ergänzt, im Sinne einer wohltuenden Eingängigkeit.
Gerade die ersten Lieder würzen die ausufernden Soundlandschaften mit dynamischen Beats und nehmen schon die ganze Vielfalt der Kompositionen vornweg. Während der Eröffnungstrack Hast Du das gesehen den Hörer mit einer hohen Tiefenentspanntheit empfängt und mit seinen einsetzenden, nüchternen Vocals und dem Disco-Ende ein wenig wie die aufgepimpte Version der Sterne wirkt, würde Ich will Du sein auch Indie – Bands wie der Regierung oder Easy Easy gut stehen. Abgeklärtheit gepaart mit Leidenschaft! Ein früher Höhepunkt ist die denn auch die Auskopplung A Fantasy of Realness, welche eine eingängigen Chorus mit einem Stone Roses-Beat kreuzt und da mit einem poppigen Synth untermalt. Die folgenden Tracks nehmen die Pole Entspanntheit und Abgeklärtheit auf und betonen, mal den einen, mal den anderen ein wenig mehr. Dabei treten die anfangs noch vertretenden Gitarren mit zunehmender Spieldauer in den Hintergrund und es übernehmen die collagierten digitalen Soundlandschaften.
Dabei bilden die abgewrackt – nüchternen, teil reziproken Vocals eine angenehmen Gegensatz zu den dynamischen Beats. Die Texte selber sind – positiv gemeint- mehr so arty. Egal, ob das Motiv der Kunst in Hey, Artefakt direkt aufgenommen wird oder im Titeltrack Die völlige Abwesenheit von Punk die wohltuende Wirkung des Rhytmus auf den Körper thematisiert wird. Das klingt jetzt verkopft, kommt aber glücklicherweise nicht so rüber auf der Platte. Vielmehr bilden die nüchtern, lässig- vorgetragenen Collagetexte, eine angenehmen Ruhepol in der musikalischen Detailfülle der Songs. Kern von Disso!ver-Songs bleibt eine unheimliche Dichte an Sounds in den Songs, die den Hörenden bei jedem neuen Hördurchgang auf eine neue Entdeckungsreise mitnehmen. Deshalb wird es auch jetzt wieder spannend, wie das ganze live umgesetzt wird:
VÖ: 23.05.2025, Barhill Records, https://barhillrecords.de/artists/dissolver/
Tracklist: Hast Du das gesehen/ Ich will wie Du sein/ A Fantasy of Realness/ Hey, Artefakt/ Die völlige Abwesenheit von Punk/ Die Antinatale/ Post Post Irgendwas/ 33 1/3/ Tanz die Distanz/ Raus aus der Überforderung
Unsere Wertung: 8/10